November
2020

Von «St. Margarethen» zu «Argodentis»

Interview von Milena Brendle-John

Milena Brendle (MB): Herr Prof. Dr. Jäger, wie kommt es nach über 30 Jahren nun zu einem Namenswechsel Ihrer Praxen?

Prof. Dr. Kurt Jäger (KJ): In der Tat wechseln wir nach über 30 Jahren Firmengeschichte unseren in der Region bekannten Namen aus. Das Ganze hat mit der Nachfolgeregelung zu tun. «St. Margarethen» steht für unsere erste Praxis in Binningen, welche am Fusse des Klosterkirchleins stand und der Praxis den Namen gab. Die Praxen Aarburg und Binningen waren schon längere Zeit selbständig, um die altersbedingte Nachfolgelösung separat aufzugleisen. Es ist deshalb aus geografischen Gründen logisch, dass der Binninger-Teil die Namensrechte käuflich erwerben durfte und wir uns einen neuen Namen geben.

MB: Wie kommen Sie gerade auf Argodentis?

Hinter «Argo» steht natürlich der Aargau, Argo bedeutet schneller Fluss, vielleicht auch noch bekannt aus der griechischen Mythologie, wo die Argo – das damals schnellste Schiff – mit den Argonauten unterwegs war. Unsere Praxen Aarburg, Frick, Schöftland und Reinach liegen bekanntlich alle im Kanton Aargau.

MB: Sie haben sich zu einer Praxiskette zusammengeschlossen. Wo sehen Sie die Vorteile einer solchen Firmenstruktur?

KJ: Jede Praxis wird selbständig von einem Praxisleiter mit fachlicher Verantwortung geführt; er oder sie sind die jeweiligen Inhaber der Praxisbewilligung. Die Vorteile der Gruppe liegen auf der Hand: Es sind dies gemeinsamer Auftritt nach aussen; wir bilden eine Einkaufsgenossenschaft und helfen uns gegenseitig fachlich, personell, im Notfalldienst und mit einem gemeinsamen Gerätepool. Es ist von Vorteil, interne Ansprechpartner zu haben, wenn ein Problem auftritt.

MB: Ihr Geschäftsmodell tönt ziemlich professionell! Haben Sie auch Werte und Ziele formuliert?

KJ: Wir haben diese nicht nur formuliert – wir leben sie auch: Unsere sicht- und spürbaren Werte sind Innovation, Qualität und Gastfreundschaft! Intern leben wir eine offene Kommunikation mit Leidenschaft für den Beruf und das Team. Wir wollen im Aargau zu den besten zahnmedizinischen Praxen gehören, die für alle Menschen mach- und bezahlbare Lösungen bereithalten. Durch Effizienz und Vernetzung, durch Digitalisierung und Innovation schaffen wir hervorragende zahnmedizinische Dienstleistung. Wir sind auch Mitglied des «Leading Medecine Guid», einer Vereinigung führender Ärzte und Zahnärzte weltweit.

MB: Wie sieht Ihre persönliche Zukunft aus? Sie sprechen ja am Anfang von Nachfolgeregelung?

KJ: Die Reorganisation ist in der Tat dahingehend ausgerichtet, dass ich persönlich vom Kliniker mehr zum Praxismanager werde. Die Standortleiter sind alle jung und gut ausgebildet. Ich kann mit meiner Erfahrung unterstützend wirken, das rein manuelle und intellektuelle leisten die Gruppenzahnärzte hervorragend ohne mein Zutun. Ich bin aber der Koordinator, der Motivator, der Kommunikator, der Ideenlieferer und der Praxismanager. Ich kann Arbeiten übernehmen, die in einer Praxis viel Zeit beanspruchen auf Kosten der Behandlungszeit und Freizeit. Für mich selber bedeutet das aber auch weniger Stress am Arbeitsplatz, individuelle Zeiteinteilung ohne Zeitdruck, ich kann Homeoffice betreiben und Teilzeit arbeiten. Und wenn die Zeit reif ist: Aufhören und «Argodentis» hoffentlich als Management Buyout meinen Standortleiterinnen und -leiter übergeben. 

MB: Sie bieten ja auch Fortbildung an, wie ich aus den Unterlagen lesen kann?

Ja! Am Anfang waren die Tageskurse und Workshops in Aarburg. Wir haben über 30 Ausbildungsplätze, wo Zahnärzte auch praktisch arbeiten können. Mittels Videoübertragung haben wir auch Live-OPs präsentiert im Bereich Implantologie und Prothetik. Im Jahre 1997 fand unser 1. Ostersymposium in Mallorca statt.Seither haben wir praktisch jedes Jahr einen Wochenkurs – meist im warmen Süden – durchgeführt. Das 21. Ostersymposium konnten wir leider nicht durchführen und im Jahr 2021 wechseln wir wieder auf Tageskurse, die im Hotel & Konferenzzentrum Belvoir in Rüschlikon/ZH abgehalten werden. 

MB: Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Was sind die grossen Herausforderungen der Zahnmedizin? Sie sind ja als Titularprofessor auch an der Universität tätig?

KJ: Nach der Bologna-Reform hat sich das Studium der Zahnmedizin ziemlich gewandelt. Wir konnten nach 2 Jahren Medizinstudium noch entscheiden, ob wir auf Zahnmedizin wechseln wollten. Heute werden erste Zahnmedizin-Tutorate bereits im ersten Studienjahr vermittelt und man muss sich bei Studienbeginn für das Fach mit Bachelor- und Masterstudiengang entscheiden. Das theoretische Wissen muss viel umfangreicher bearbeitet werden als früher. Zudem ist das Studium für Studentinnen sehr attraktiv geworden. Der Frauenanteil beträgt manchenorts fast 75%. Mit Teilzeitmodellen lässt sich Beruf und Familie gut vereinbaren. Das spricht wieder für Praxisformen wie Argodentis!

Die grosse Herausforderung heute ist – wie überall – die digitale Transformation in der Praxis. Das Investment ist kapitalintensiv und braucht neue Kenntnisse! Ein junger Zahnarzt, der eine eigene Praxis eröffnen will, muss für zwei Sprechzimmer mit Equipment und Empfang rund 700 000 Franken bereitstellen. Die Banken verlangen für Geschäftskapital Eigenmittel von 25%. Es braucht also vor dem eigentlichen Start ins Berufsleben bereits ein Polster von 250 000 Franken. Praxisneugründungen sind deshalb eher selten geworden, jedoch können heute Praxen übernommen werden. Doch meist muss in diesem Fall gerade in die Digitalisierung eine beachtliche Summe investiert werden. Dafür lässt es sich mit dem vorhandenen Patientenstamm sofort gut ausgelastet weiterarbeiten. Argodentis bietet übrigens auch Praxismanagement an.

MB: Herr Prof. Jäger, ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit Argodentis und bedanke mich für das angenehme Gespräch.

KJ: Ich danke Ihnen.